von Marc Merten
Noch immer sucht man in der offiziellen Golf-Weltrangliste vergebens nach russischen Spielern. Doch nicht nur im Profisport gehört das größte Land der Erde mit seinen 143 Millionen Einwohnern bislang zu den absoluten Golf-Entwicklungsländern. Die Ankündigungen des Golfverbands mit seinen finanzkräftigen Unterstützern überrascht daher wenig: In den kommenden Jahren soll Golf in Russland wachsen wie kaum eine andere Sportart auf der Welt.
Dabei war der Sport in der ehemaligen Sowjetunion bis vor wenigen Jahren noch als Ausgeburt des Kapitalismus verschrien. Unter dem kommunistischen Regime bis Anfang der 1990er Jahre offiziell verboten, ist Golf also ein gänzlich neuer Zeitvertreib in Russland. Sein nationaler Verband gründete sich erst 1992, bis heute weist dieser überhaupt nur 17 Golfplätze aus, zehn davon international anerkannt: fünf in und umMoskau, einer vor den Toren von St. Petersburg, zwei an der Grenze zur Ukraine, einer bei Kazan und einer bei Jekaterinburg.
Kaum verwunderlich also, dass Iwan und seine Landsleute bislang kaum Gefallen an diesem Sport gefunden haben. Erst knapp 17.000 Golfer zählt der Verband, der bekannteste unter ihnen ist ein ehemaliger Tennisspieler und Olympiasieger:Jewgeni Kafelnikow verdiente Millionen mit der gelben Filzkugel, setzte nach seinem Karriereende einiges davon am Pokertisch, ehe er sich dem Golfsportzuwandte. Mit Erfolg: 2011 wurde Kafelnikow russischer Meister und hofft, 2016 beiOlympia in Rio de Janeiro abschlagen zu dürfen.
Auf solch bekannte Gesichter, die für den Aufschwung dieser Sportart stehen sollen, hofft nicht nur der Verband: Auch die russischen Milliardäre, die das Golfspiel als Chance für ihr Business erkannt haben, steigen seit wenigen Jahren mit Großbeträgen in den Sport ein. So wie – natürlich – Roman Abramowitsch. Sie fördern den Auf- und Ausbau von Golfanlagen im Land und hoffen so, nicht nur Touristen, sondern vor allem neue Geschäftspartner ins Land zu holen. Entsprechend waren ihre Geschäftsmodelle bislang vor allem auf die elitäre Klientel ausgelegt, mit entsprechend hohem Mitgliedsbeiträgen und Green Fees.
Das ändert sich nun aber Stück für Stück. Über 50 Bauprojekte sind in Russland im Gange, um Golfresorts für die breite Bevölkerung aus dem Boden zu stampfen. Allerdings nicht im ganzen Land: Denn das ist alleine aus klimatischen Gründen nicht möglich. Kaum ein Land kämpft Jahr für Jahr mit derartigen Witterungsbedingungen im sehr kurzen Sommer wie im sehr langen Winter. Und damit auch die Natur: Frost bei minus 30 Grad, heftige Regenfälle im Frühjahr und Herbst sowie kurze, aber kräftige Hitzeperioden würden den sensiblen Böden der Golfplätze vielerorts den Garaus machen. Golf im Riesenreich Russland wird also nur an vereinzelten Flecken wachsen. Dafür aber gewaltig.
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