von Marc Merten
Ein Schlaganfall verändert das Leben eines Menschen vollständig. Die Folgen, Lähmungen und Sprachstörungen, gehören in Deutschland zu den am meisten auftretenden Erkrankungen und sind die häufigste Ursache für mittlere und schwere Behinderungen. An Sport ist für die Betroffenen oftmals kaum noch zu denken, ihren ganzen Willen benötigen sie, um überhaupt einen Teil ihres ursprünglichen Lebens, ihrer Sprache und ihrer Beweglichkeit wieder zurückzuerlangen. Doch ausgerechnetGolf gilt mittlerweile als anerkannte Stütze auf dem beschwerlichen Weg der Rehabilitation.
Barbara Ullrich ist Gründerin des Projekts „Ein Schlag gegen den Schlag“, ein Konzept, das Schlaganfall-Betroffene und ihre Partner die Möglichkeit gibt, Golf zu erlernen und über den Sport wieder einen Schritt in Richtung Normalität zu machen.Golfsport.com hat mit der heute 68-jährigen Ullrich, die selbst zwei Schlaganfälle erlitten hat, gesprochen.
Frau Ullrich, inwiefern kann Golf zum Teil einer Schlaganfall-Therapie werden?
Ullrich: Golf hilft den Betroffenen und ihren Partner psychisch und physisch ungemein weiter. Auf der einen Seite hilft der Sport, wieder in den Alltag zurückzufinden. Als mein Mann mich nach den ersten Jahren der Therapie überredet hat, einen Schnupperkurs zu machen, war es ein seliges Gefühl, den Knüppel in der Hand zu halten und nach einem Ball zu schwingen. Ich habe wieder am normalen Leben teilgenommen, habe mit meinem Mann gemeinsam Sport gemacht. Golf gibt einem das Gefühl der totalen Normalität zurück, die man durch die Krankheitverloren geglaubt hatte.
Und körperlich?
Jeder Schlag, jeder Meter, den man auf dem Golfplatz geht, hilft. Man gewinnt Balance zurück, stärkt das Gleichgewicht. Die Beweglichkeit kommt wieder, man ist nicht mehr so steif. Die Kraft in den Muskeln kommt zurück. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat eine wissenschaftliche Studie durchgeführt, die zeigt, dass Golfzu einer signifikanten Steigerung der Belastungstoleranz, der Leistungsfähigkeit und Stabilität führt. Aber vor allem verbessert Golf die Konzentration. Jeder Schlag erfordert, dass man sich auf den kompletten Bewegungsablauf konzentriert.
Einen Bewegungsablauf, den Sie aber erst lernen mussten.
Deswegen ist ein professioneller Trainer auch enorm wichtig. Der Golflehrer muss genau wissen, welche Muskeln wie angesprochen werden, aber auch, welche Schäden ein Schlaganfall verursacht hat. So müssen zum Beispiel Betroffene, die einseitig gelähmt sind, eventuell ihre Schlagseite umlernen.
Können Schlaganfall-Betroffene denn heute auf jedem Platz spielen?
Nicht unbedingt, es kommt ja auch darauf an, ob sie laufen können oder zumindest zum Schlag aufstehen können. Die besten Plätze sind die, die flach sind und kurze Löcher haben. Aber auch Gehbehinderte, die im Rollstuhl sitzen, können mittlerweile Golf spielen. Für sie gibt es Rollstühle, die einen zum Schlag automatisch aufrichten. So, als ob sie an der Theke ein Bier trinken wollen. Solche Rollstühle sind aber noch sehr selten und kosten sehr viel Geld.
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